Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Familienförderungund der sozialräumlichen Jugend- und Familienhilfe auskömmlich und bedarfsgerecht finanzieren! Tarifsteigerungen zuwendungserhöhend anerkennen!
Für Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA), der Jugendsozialarbeit (JSA), der Familienförderung (FamFö) und der Sozialräumlichen Jugend- und Familienangebote (SAJF) stellt die Stadt Hamburg der Sozialbehörde Haushaltsmittel zur Verfügung. Diese werden als Rahmen- und Zweckzuweisung zur Finanzierung dieser bezirklichen Angebote der kommunalen und freien Träger an die Hamburger Bezirke aufgeteilt. Die freien Träger stellen daraufhin jährlich Zuwendungsanträge an die Bezirke. Kostensteigerungen wie z.B. Personalkosten/Tariferhöhungen, Energiekosten, Mietkosten, Reinigungskosten etc. führen aber zu keiner strukturellen Anhebung der Rahmen- und Zweckzuweisungen.
Die Bezirke versuchen entsprechend durch Reste- und Sondermittel im Laufe des Haushaltsjahres diese steigenden Kosten auszugleichen. Im besten Falle gewährleistet dieses Verfahren ein ‚Überleben‘ bestehender Angebote, im schlimmsten Fall müssen Stellen gestrichen oder ganze Einrichtungen geschlossen werden. Für die freien Träger der Angebote für junge Menschen und ihren Familien bedeutet das zunehmend, dass sie mit nicht auskömmlichen Zuwendungen Verbindlichkeiten gegenüber Mitarbeitenden, Vermietern etc. eingehen, ohne Sicherheit, diese auch refinanziert zu bekommen. Zudem entsteht ein kaum noch leistbarer Verwaltungsmehraufwand bei dem Bemühen, im Laufe des Jahres über Sonder- und Restetöpfe die fehlenden Mittel zusätzlich zu beantragen. Es fehlen notwendige Mittel für z.B. Honorarkräfte, die aufgrund der geringen Anzahl von Hauptamtlichen Mitarbeitenden in den Angeboten unerlässlich sind und für Aktionen mit jungen Menschen und Familien.
Die Rechnung ist einfach: Solange Kostensteigerungen nicht zuwendungserhöhend anerkannt werden, gehen diese weiter Zuungunsten der pädagogischen Angebote.
In dieser Lage erklärt nun die Sozialbehörde, dass auch die aktuell ausgehandelten Tarifsteigerungen für die Kolleg*innen im Arbeitsfeld zwar von den freien Trägern ausgezahlt und mit den Bezirken abgerechnet werden könnten, allerdings müsse dies erneut aus den laufenden Rahmenzuweisungen der Bezirke gewährleistet werden: „Im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung kann ein Ausgleich von Mehrbedarfen erfolgen, wenn diese glaubhaft auf Tarifsteigerungen bzw. angemessene und notwendige Personalkostensteigerungen zurückzuführen sind, diese im Rahmen der Bescheinigung noch nicht berücksichtigt wurden, in der unterjährigen Bewirtschaftung seitens des Zuwendungsempfangenden nicht ausgeglichen werden konnten und noch Ermächtigungen zur Verfügung stehen.“ (Antwort des Senats auf eine schriftliche kleine Anfrage zum Thema, Drucksache 22/7158).
Und was ist, wenn nichts mehr zur Verfügung steht? Die Rechte der Mitarbeitenden werden gegen die Rechte junger Menschen ausgespielt!
Dies ist gerade in den aktuellen Corona-Pandemie-Zeiten eine Ohrfeige für das Engagement der Beschäftigten und missachtet den aktuell hohen Unterstützungsbedarf junger Menschen und Familien durch die Pandemie! Fachkräfte haben ihr Bestmögliches getan, trotz einschränkender Pandemiebedingungen und eigener gesundheitlicher Risiken ihre Angebote mit jungen Menschen „offen“ zu halten. Unter schwierigsten Rahmenbedingungen, wie mangelhafter technischer Ausstattung und strukturell unzureichender Personalstruktur bieten sie weiterhin im gesamten Verlauf der Pandemie eine verlässliche Anlaufstelle und Ort für Schutz und Unterstützung im Sozialraum für junge Menschen! Um vereinbarte Aufgaben auch weiterhin vollumfänglich zu erfüllen haben die Hamburger Bezirke bereits reagiert und fordern zur Aufrechterhaltung der Angebote freier Träger Sozialbehörde und Senat dazu auf, die durch den Tarifabschluss entstehenden Mehrkosten zu refinanzieren und die Rahmen- und Zweckzuweisungen strukturell zu erhöhen.
Wenn der Hamburger Senat die Auffassung vertritt, dass hierfür keine Mittel vorhanden sind, dann muss auch politisch die Verantwortung für Kürzungen im Bereich der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Familienförderung und der sozialräumlichen Jugend- und Familienangebote übernommen werden und das insbesondere in einer Zeit, in der der Bedarf deutlich gestiegen und ein Ausbau der Angebote dringend notwendig sind:
„Die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, die Jugendverbände, die Jugendsozialarbeit und die Familienförderung haben sich in der gegenwärtigen Pandemie als flexibel und leistungsfähig erwiesen. Sie sind auch jetzt Orte der Beziehungsgestaltung, die für die Krisenbewältigung der jungen Menschen und ihrer Eltern sehr wichtig sind. […] Das Hilfe- und Unterstützungssystem muss trotz sich verändernder wirtschaftlicher Rahmendaten nach der Bewältigung der Krise bedarfsgerecht und auskömmlich ausgestattet werden.“ (Positionierung der Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit (LAG KJA/JSA) und der Landesarbeitsgemeinschaft Familienförderung (LAG FamFö) in Hamburg, 30.04.2021)
Wir fordern deshalb:
Hamburg, den 16.02.2022
Die gemeinsame Erklärung wurde nach Diskussion und Beratung im Auftrag des Fachaustausches vom 2.2.22 von folgenden Erstunterzeichnenden verfasst:
IVOA – Interessenvertretung Offener Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und ihren Familien in Hamburg;
Diakonisches Werk Hamburg, Kinder- und Jugendhilfe;
Alternativer Wohlfahrtsverband SOAL e. V.;
Verband Kinder- und Jugendarbeit Hamburg e.V. (VKJH);
ASP Eimsbüttel-Nord