Liebe Leser:innen!
Mit dieser Ausgabe des FORUM für Kinder- und Jugendarbeit laden wir Sie und euch ein, sich mit unserem Themenschwerpunkt „Patriarchat verlernen. Verantwortung für Veränderung“ zu beschäftigen. Patriarchale Strukturen beschreiben ein Gesellschaftssystem, welches vorranging Cis-Männer privilegiert und ihnen machtvolle Positionen zuspricht. Die Entwicklung dieser Verhältnisse begründet sich in einer langen Historie und findet sich auch heute noch in nahezu allen Lebensbereichen wieder. Kolleg:innen aus der Sozialen Arbeit berichten über (individuelle) Erfahrungen, die sich wiederholen und ähneln. Der Umgang damit bleibt oft eine individuelle Aufgabe. Die Ursache für diese Erfahrungen ist allerdings ein strukturelles Problem und wirkt sowohl in der praktischen Arbeit mit Adressat:innen als auch im Team, in Arbeitskreisen oder in Institutionen.
Eine sehr lange Zeit waren machtvolle (Führungs-)Positionen ausschließlich von Cis-Männern besetzt. Das Besetzen von machtvollen Positionen mit Personen, die männlich sozialisiert sind und über entsprechende Privilegien verfügen, bedeutet nicht nur, dass Entscheidungen hauptsächlich aus eben dieser Perspektive heraus getroffen werden. Es führt im Umkehrschluss dazu, dass die Bedarfe und Bedürfnisse aller anderen Geschlechter und auch verschiedenste Diskriminierungsformen keine oder nur wenig Beachtung finden. Wir möchten mit dieser Ausgabe zu einer Auseinandersetzung mit patriarchalen Strukturen und einer gemeinsam Veränderung dieser beitragen.
Zu Beginn des Heftes haben wir Begriffserklärungen rund um das Schwerpunktthema in einem Glossar gesammelt. Der Beitrag Was hat Soziale Arbeit mit Feminismus und Kapitalismus zu tun? von Alex Kauffmann, beschäftigt sich mit der Überschneidung patriarchaler und klassistischer Strukturen in der Sozialen Arbeit als Profession. In dem Text Antifeminismus als eigenständige Ideologie geschrieben von Rebekka Blum für das femPi-Netzwerk wird zudem eine differenzierte Einordnung unterschiedlicher Begriffe im Kontext von Antifeminismus angeboten.
In dem Text Über die Bedeutung von queer_feministischer Mädchen*arbeit von Nicole Lormes geht es u.a. um Sichtbarkeit in Räumen und Diskursen und die Notwendigkeit sich mit patriarchalen Verhältnissen und Binaritäten auseinanderzusetzen.Tobias Spiegelberg beschäftigt sich in seinem Beitrag Don’t you know this is toxic? Kritische Männlichkeit in der Organisationsentwicklung u.a. mit einer kritischen Auseinandersetzung von Männlichkeiten und dessen Wirkmacht auf organisationaler Ebene. Außerdem gibt er Impulse für Handlungsmöglichkeiten in der Praxis.
In drei unterschiedlichen Interviews kommen Praktiker:innen aus Hamburg zu Wort. Mareike Wallwitz und Anika Ziemba berichten in dem Beitrag Chancen und Hürden auf dem Weg in ein gewaltfreies Leben: Frauen, Kinder und Jugendliche im Frauenhaus über patriarchale Strukturen aus der Perspektive der Hamburger Frauen- und Kinderschutzhäuser. Loïc Donisa und ergänzend Eliza-Maïmouna Sarr vom Projekt re_Member stellen in einem Interview das Projekt Lass uns reden vor und sprechen Über psychische Gesundheit und kritische Männlichkeit aus Schwarzen Perspektiven.
Anlässlich des 40-jährigen Jubiläums führt Andrea Sievers ein Interview mit Lana Clevers und Wiebke Kahl von Dolle Deerns* e.V. In dem Text Es fehlt immer noch das Verständnis, dass es um die Strukturen gehtsprechen die beiden über feministische Mädchen*arbeit.
Neben den Beiträgen zum Schwerpunkt dieser Ausgabe präsentieren Katharina Przybylski und Prof. Dr. Gunda Voigts in ihrem Text Perspektiven junger Menschen mit geistigen Behinderungen auf Angebote der Kinder- und Jugendarbeit erste Ergebnisse einer qualitativen Befragung von Jugendlichen.
Außerdem berichten Ulrike Lentner und Beate Rein über den Fachtag „30 Jahre KIDS“ und die Arbeit des KIDS – Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche in besonderen Problemlagen am Hamburger Hauptbahnhof.
Mit diesen und weiteren Beiträgen wünschen wir eine inspirierende Lesezeit und perspektivenreiche Auseinandersetzungen mit dem Schwerpunktthema.
Esther Brandt, Fabienne von Hohenthal sowie Vera Koritensky und Anja Post-Martens
Das Editorial als PDF finden Sie hier und das Inhaltsverzeichnis hier.