Liebe Leser*innen!
Anno 1917 berief Alice Salomon die erste Konferenz „Sozialer Frauenschulen Deutschlands“ ein, womit ein erster Schritt auf dem Weg zur Professionalisierung Sozialer Arbeit getan wurde. In der Folge begannen die ersten Verhandlungen mit Vertretern des Preußischen Innen- und des Erziehungsministeriums über staatliche Regelungen der Berufsausbildung.
Heute – hundert Jahre später – ist der Freien und Hansestadt Hamburg daran gelegen, einen dualen „dienstherreneigenen Studiengang ‚Soziale Arbeit im öffentlichen Dienst‘“ an der HAW Hamburg und/oder an der Ev. Hochschule für Soziale Arbeit und Diakonie einzurichten, um „qualifiziertes Fachpersonal für sich zu gewinnen und zu binden“, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Ein umstrittenes Unterfangen, wie aus der hier abgedruckten Stellungnahme vom September 2017 ersichtlich wird.
Sicher ist: Es gab noch nie so viel Nachfrage nach Sozialer Arbeit wie heute – was das über als notwendig deklarierte Hilfe, Unterstützung, aber auch Kontrolle in unserer Gesellschaft aussagt, sei an dieser Stelle dahin- gestellt. Die Zahl der bundesweit in der Kin- der- und Jugendhilfe Beschäftigten übertrifft jedenfalls bald diejenigen in der deutschen Automobilindustrie, wie die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe konstatierte. Dirk Bange schlüsselt in seinem Beitrag die Situation für Hamburg auf, Henriette Brandt legt den tarifrechtlichen Umgang mit „neuen“ Ausbildungsgängen dar.
Ausbildung, Qualifizierung, Personalgewinnung und -pflege der Beschäftigten in der Kinder- und Jugendhilfe haben wir diesmal als Schwerpunkt gewählt. Ein Blick in den Diskurs zeigt, dass die Meinungen hier auseinandergehen: Ist es ein Erfolg, wenn Fachkräfte passend produziert sowie schnell und effizient einsetzbar sind? Wie steht es um die professionelle Autonomie in Zeiten Neuer Steuerung, Standardisierung und Verregelung? Und was ist mit der Entwicklung fachlicher Haltung?
Die folgenden Beiträge greifen diese Schlaglichter auf: Holger Ziegler beschäftigt sich mit Bildern von Fachlichkeit im Spannungsfeld von Autonomie und Steuerung und positioniert sich zu neuen Steuerungsformaten. Michael Görtler stellt Überlegungen zu schwierigen Übergängen zwischen Theorie und Praxis an; Lea Degener, Jorrit Schwagereck und Karen Polzin werfen als (ehemalige) Studierende einen kritischen Blick auf Studienbedingungen bzw. -inhalte. Pro und Contra eines Berufsanerkennungsjahres bereiten Timm Kunstreich und Manfred Neuffer auf. Acht Jugendliche aus zwei Hamburger OKJA-Einrichtungen verdeutlichten im Gespräch, was für sie eine gute Fachkraft ausmacht. Anne Schultz-Brummer und Sabine Kümmerle warnen davor, Zugangsvoraussetzungen immer weiter herunterzuschrauben. Ihre Erwartungen als Arbeitgeber_innen erläuterten uns Katrin Haider-Lorentz, Raimund Menzel und Angelika Huntgeburth. Studierende befragte Svenja Fischbach nach ihrer Sicht auf das Arbeitsfeld der OKJA und der Kooperationsverbund OKJA nimmt die Hochschulen in die Pflicht, dieses Arbeitsfeld in der Lehre nicht zu vernachlässigen.
Positionen zu Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe finden Sie in den Beiträgen von Wolfgang Hammer, der LAG ASD und in dem abgedruckten Expertenbeitrag von Fabian Kessl als Mitglied der Hamburger Enquetekommission. Perlen der praktischen Arbeit in der OKJA haben Evin Kandemir vom Mädchentreff Lohbrügge und Raphael Heinetsberger in der Kolumne „Oliver und die Sache mit der Jungenarbeit“ beigetragen.
Wir sagen Danke an all unsere Autor*innen und Leser*innen und „Tschüß“ bis zum nächsten Jahr.